Ist die Zeit stehengeblieben? Es ist auf jeden Fall genug Zeit in den Mittagspausen die Gegend zu erkunden.
Mir ist Balat sympathisch. Ein Stadtteil von Langschläfern. Morgens erwacht das Leben hier nur langsam. Sogar am Markttag ist um 10 noch nicht besonders viel los. Die Händler bauen in Seelenruhe ihre Stände auf, es wird geplaudert und Çay getrunken. Erst mittags füllt sich die Einkaufsstrasse, in der sich Köfte Restaurants und Bäckereien, Obst- und Gemüseläden, Antiquitäten- und Ramschläden, Kaffee- und Teehäuser aneinander Reihen. Und erst am Abend ist das Gewusel am größten.
Man könnte meinen, die Zeit sei stehengeblieben in diesem Teil des Bezirks Fatih, in dem vorwiegend konservative Muslime wohnen. Aber das historische Viertel, das im Westen an die alte theodosianische Stadtmauer grenzt, steht kurz vorm Wandel. Bei einem Spaziergang durch Balat findet man Häuser in sämtlichen Stadien des Verfalls, aber bereits einige renovierte Gebäude. Abgerissen werden darf theoretisch nur, was nicht mehr restauriert werden kann. Neubauten müssen den historischen Gebäuden nachempfunden werden. Ob sich die große Hotelkette, die ein Hotel in der Gegend plant, daran hält, wird man sehen.
„Oh, Balat, da muss man aufpassen“ bis zu „das ist das neue In-Viertel“ habe ich einiges gehört über die Wahl meines Homeoffices. Mir hat’s gefallen in der Mittagspause durch die Gassen zu streunen und auf Entdeckungsreise zu gehen. Abends habe ich es mir dann aber doch meistens lieber Zuhause gemütlich gemacht, die Auswahl an Kneipen ist im Moment noch überschaubar.
Die griechische Knabenschule im liegt auf einem Hügel im Nachbarviertel Fener und ist immer ein guter Orientierungspunkt im Gassengewirr
Über die Kleidung der Bewohner des Viertels erfährt man bei einem Spaziergang so einiges
Öfter sind Kinder nicht hinterm Fenster sondern draussen beim Fussballspielen zu sehen
Alt und neu liegen hier dicht beieinander
Balat und Fener stehen am Anfang der Gentrifizierung
In Vierteln wie diesem steht man unter ständiger Beobachtung der Nachbarn
Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen liessen sich viele Juden in Balat nieder, das Nachbarviertel Fener war das Viertel der Griechen
Die Juden siedelten siedelten allerdings Anfang des 19.Jahrhunderts in modernere Stadteile über. Die meisten Griechen, die zu dieser Zeit fast ein Viertel der Stadbevölkerung ausmachten, mussten damals die Stadt verlassen. Im Rahmen des „Bevölkerungsaustausches“ wurden in Griechenland lebende Türken und in der Türkei lebende Griechen in ihre „Heimat“ umgesiedelt. Nur einige Hausfassaden erinnern an die ursprünglichen Bewohner
Die griechische Knabenschule Fener Rum Erkek Lisesi hatte früher über tausend Schüler, heute sind es noch um die hundert
Heute ist kein Feiertag. Die türkische Flagge hängt jeden Tag über der Hautpstrasse Fener und Balats, der Vodina Caddesi
Vor 100 Jahren waren die Kneipen Feners berüchtigt. Heute kann man froh sein, wenn man ein Bier bekommt
Jeder Tag ist Markttag
„Balat Palace“ kann bald dicht machen: Noch gibt es kaum Hotels und die Gegend ist, insbesondere die Nähe zu Sultanahmed betrachtend, recht unturistisch. Aber das wird sich bald ändern
Das Goldene Horn direkt vor der Haustüre
Viele der „Balık“ Schiffe die in Emninönü Fisch verkaufen liegen hier vor Anker, nicht alle Boote sind abfahrtbereit
Die bulgarische Orthodoxe Kirche ist eine Bausatz-Kirche aus Eisen. Hört sich (für mich) spektakulär an, war aber wegen Renovierung nicht näher zu betrachten …
Die Strassenkatzen werden oft von Anwohnern gefüttert
In meinem Lieblingscafe „Cafe Naftalin“ sind auch die Katzen willkommen. Ausserdem gibt es hier unglaublich leckeren kurdischen Mokka
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Oh, das sieht wunderbar aus. Freue mich schon riesig! Vor allem auf das Fischrestaurant 🙂
Das wird lecker!