Für die Recherche meines Wanderführers über Georgien bin ich mit einer Freundin unterwegs in Swanetien. Wir haben die Nacht im Grand Hotel Ushba verbracht, wo wir von dem freundlichem Mitinhaber, dem Norweger Richard erstklassig bewirtet wurden. Den Tag zuvor hatten wir mit einer Wanderung zum Shdugra-Wasserfall unternommen – im Schnee! Denn es ist Ende September und nach einem Temperatursturz fanden wir uns am Morgen in einer Winterlandschaft wieder …
Jetzt ist die Frage: Können wir die lange und anstrengende Wanderung über den 2954 Meter hohen Guli-Pass wagen? Nach einigem Abwägen entscheiden wir uns dafür: Es ist bestes Wanderwetter vorhergesagt, wir haben ein GPS-Gerät und einen zuverlässigen GPS-Track im Gepäck. Selbst falls wir auf dem verschneiten Pass Orientierungsschwierigkeiten bekommen sollten, bliebe genug Zeit zum umkehren.
Aufbruch in Mazeri
Müüüde! Aber die Wanderung ist lang, auf knapp 22 Kilometern gilt es fast 1400 Höhenmeter zu überwinden. Darum geht’s natürlich noch vor dem Sonnenaufgang um kurz vor sieben in der Morgendämmerung in Mazeri los. Aber wir wollen uns nicht beschweren – für eingefleischte Wanderer mit Motivation ist das ja schon fast ausschlafen.
Wir verlassen das swanetische Dorf Mazeri. Übrigens gibt’s hier keine der typisch swanetischen Wehrtürme, sondern nur eine alte Palastruine, um die sich Legenden ranken: Aufgebrachte Swanen sollen die Burg des berüchtigten Fürsten Dadeshkeliani Anfang des 20. Jahrhunderts niedergebrannt haben. Es heißt der unbeliebte Fürst soll all zu oft sein Recht der ersten Brautnacht ausgenutzt und deshalb den Groll seiner Untertanen geweckt haben …
Zum verlassenen Bergdorf Guli
Aber nun zurück auf unseren Wanderweg, der anfangs gemütlich durch ein Seitental von der Talschaft Becho nach Osten bergauf führt. Erst kurz vor dem verlassenen Bergdorf Guli wird’s dann steiler. Von dem Dorf sind nur noch Ruinen übrig, wie so viele Dörfer in den Bergen wurde auch Guli schon vor Jahrzehnten verlassen. In der Kirche allerdings finden noch gelegentlich Gottesdienste statt. Die Schlüsselgewalt hat eine Familie aus Mazeri – allerdings haben nur Männer zutritt zu dem kleinen Gotteshaus.
Der Aufstieg zum Guli-Pass
Weiter geht’s über Wiesen und Weiden mit traumhaften Ausblicken auf den Doppelgipfel des Ushba und ins Tal hinunter – für uns geht’s aber ohne Ablass hinauf, hinauf, hinauf … und das ganz schön lange. Irgendwie scheint das Tal von Mazeri einfach immer gleich weit weg (oder nah) zu sein?!
Enzian und andere Bergblumen säumen den Weg und es gibt viele schöne Stellen, die zu einem Picknick einladen. Ein bisschen Kraft tanken vor dem letzten Aufstieg ist auch keine schlechte Idee. Denn die letzte Passage zum Pass ist mit einer fast 20 Zentimeter hohen Schneedecke bedeckt. Ohne GPS-Gerät und -Track hätten wir keine Chance, den Weg hier zu finden. Überhaupt: Theoretisch ist diese Wanderung markiert, aber praktisch ist es doch sehr schwer, die teils verblassten Markierungen auszumachen …
Weiter nach Mestia
Oben am Pass treffen wir zwei russische Wander, die am Morgen aus Mestia gekommen sind. Das ist sehr praktisch für uns, denn nun können wir ein Stück lang ihren Spuren im Schnee folgen. Was für ein Glück! Denn auch hier sind die Markierungen kaum zu erkennen.
Um so verrückter finde ich es, dass uns auf dem Abstieg am nachmittag, jeweils allein wandernd, zwei junge Touristen begegnen. Unterwegs mit Turnschuhen, ohne Rucksack (und somit wohl ohne zusätzliche Regen- oder warme Kleidung) und lediglich mit der schlechten Karte von der Touristeninformation aus Mestia unterwegs. Wenigstens einen der beiden können wir davon überzeugen, dass es keine gute Idee ist, sich so spät und schlecht ausgerüstet auf so eine lange Wanderung zu machen.
Und wir beide haben ziemlich lange gebraucht, erst in der Abenddämmerung kommen wir in Mestia an. Jetzt freuen wir uns über die Wehrtürme im Abendlicht und auf natürlich auf ein leckeres Khatchapuri.
Anmerkungen:
Die Wanderung ist nur für Wanderer mit sehr guter Kondition, GPS-Gerät und guter Karte empfehlenswert. Unerfahrene Wanderer sollten mit einem Wanderführer gehen.
Tipp
Bei gutem Wetter kannst du in der Nähe des Guli-Passes zelten. So teilst du diese lange Wanderung von Mazeri nach Mestia in zwei kürzere Etappen auf und kannst einen traumhaften Sonnenauf- und -untergang erleben.
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Meine Tipps zum Wandern in Swanetien
Wandern von Mestia nach Ushguli
Alle wollen nach Mestia
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Diese Reise habe ich im September 2016 unternommen, selber organisiert und finanziert.
Der Blogbeitrag wurde zuletzt im Januar 2019 aktualisiert.
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