Tipps zum Wandern in Tuschetien

Festung Keselo in Omalo
Abenteuer Einsamkeit: Außer viel Natur und ein paar Wehrtürmen gibt’s nicht viel in Tuschetien. Perfekt um ungestört zu Wandern und von Dorf zu Dorf zu Trekken.

Tuschetien liegt im Nordosten Georgiens, in einer der unzugänglichsten Regionen im Kaukasus. Nur 4 Monate im Jahr sind die vier Täler, die 2003 zum Nationalpark erklärt wurden, erreichbar. Zwar wandert man in Tuschetien nicht wie in Swanetien im Angesicht von Gletschern, dafür kann man überraschende sanfte Berglandschaft so gut wie ungestört genießen. Denn um nach Tuschetien zu kommen, muss man ein wenig Einsatz bringen: Die 4-stündige Jeep Fahrt von Telavi ist nicht ganz günstig und vor allem nervenaufreibend.

Wanderschuhe vor Bergpanorama
Hier gibt es vor allem: Berge, Berge, Berge!

Omalo: Der Hauptort von Tuschetien

Größte Ortschaft und Ausgangsort für alle Unternehmungen und Wanderungen in Tuschetien ist das Bergdorf Omalo. Der Ort ist nur im Sommer bewohnt und in ein Ober- und Unterdorf unterteilt (Upper- bzw. Zemo Omalo und Lower bzw. Kvemo Omalo).
Während Unter-Omalo (Kvemo Omalo) aus einer Ansammlung verstreuter Häuser besteht, die nicht wirklich etwas mit einem idyllischen Bergdorf zu tun haben, hat Ober-Omalo (Zemo Omalo) dank der alten Festung „Keselo“ einen ganz besonderen Charme. Malerisch thront das Ensemble aus Wehrtürmen auf einer markanten Anhöhe über dem Oberdorf und ist schon von weither zu sehen. Die Festungsanlage wurde im im 13. Jahrhundert zum Schutz vor den Armeen des Mongolenherrschers Timurlenks gebaut und nicht nur einmal überfallen – aber niemals eingenommen!
Wehrtürme finden sich im Kaukasus in den meisten Dörfern, ihre Bauweise unterscheidet sich in jeder Region. In Tuschetien wurden zwei unterschiedliche Typen von Wehrtürmen gebaut: In den Wohntürmen verbarrikadierte sich die Bevölkerung bei Belagerungen, die Signaltürme dienten zur Kommunikation von Dorf zu Dorf. Denn die Tuschen mussten sich nicht nur  vor den Mongolen, sonder auch immer wieder vor angriffslustigen Nachbarn – z.B. den gar nicht gefährlichen klingenden, aber wohl sehr kriegerischen „Laken“ – verteidigen. So galten sie bald als tapfere und erfahrene Kämpfer.

Zemo Omalo und die Festung Keseslo im Frühsommer
Die Festung Keselo in Omalo im Frühsommer
Aussicht aus Fenster auf Omalo
Blick auf das untere Omalo

Wandern in Tuschetien

Wenn du nach Tuschetien reist, solltest du alles was du brauchst mitnehmen – denn dort gibt es praktisch keine Einkaufsmöglichkeiten. Dabei ist eine Taschenlampe praktisch, auch wenn fast alle Unterkünfte mittlerweile durchgängig Strom bieten und nur noch selten die Klohäuschen im Garten benutzt werden müssen. Und wie in allen Bergregionen ganz wichtig: Pack genug Bargeld in kleinen Scheinen ein!

Die Anfahrt nach Tuschetien und die Tuschen-Taufe

Wenn du nach Tuschetien reist, mach dich auf was gefasst. Das erste, was der Fahrer mir sagte war, dass ich mich nicht anschnallen soll: Denn dann könnte ich noch aus dem Auto springen, falls wir vom Weg abkommen und den Abhang hinunter stürzen …
Die Passstraße über den 2917 Meter hohem Abano-Pass ist nicht nur die höchste, sondern auch die gefährlichste Straße Georgiens und gesäumt von Kreuzen. Wer die ca. 4 Stunden lange Fahrt überlebt – und zum Glück überleben die meisten – ist gewappnet für das Abenteuer der Abgeschiedenheit von Tuschetien. Dabei wirst du die Tuschen-Taufe erhalten: Die findet automatisch unter einem kleinem Wasserfall statt, durch den jedes Auto hindurch fahren muss.

Du solltest diese Straße auf keinen Fall selber fahren, wenn du kein Offroad-Profi bist. Unterkünfte organisieren Transport im Geländewagen, meist ab Telavi. In Akhmeta warten an der Kreuzung bis zum Mittag Geländewägen auf Kundschaft (pro Wagen ca. 200 GEL), es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel.

Abano-Passstraße
Die Straße vom Abano-Pass Richtung Omalo im September
Passstraße nach einem Erdrutsch Mitte Juni
Kaum ein Durchkommen: Passstraße nach einem Erdrutsch Mitte Juni
Viehabtrieb im Herbst in Tuschetien
Auch dann daunert’s länger: Viel Verkehr herrscht auf der Passstraße im Herbst beim Viehabtrieb

Die beste Wanderzeit

Nur zwischen Anfang Juni und Mitte Oktober kannst du nach Tuschetien reisen. Dabei schwankt dieser Zeitraum immer etwas: Als ich Mitte Juni 2017 nach Tuschetien gefahren bin, gehörte ich zu den ersten Besucher*innen. Denn ein riesiger Erdrutsch hatte die Straße blockiert, die deshalb erst viel später befahrbar war als üblich.
Im Herbst ist es das gleiche Problem: Sobald es schneit, kann die Passstraße blockiert sein …
Zwischen Ende Juni und Ende September sollte die Gegend aber erreichbar sein.
Während es im Juni viel regnet und die Landschaft saftig-grün strahlt, kann es im Juli und August recht heiß und auch vergleichsweise voll werden. Dann kann es schon mal sein, dass alle Betten in Omalo belegt sind. Im September wird es dann wieder ruhiger. Die Berge sind dann aber von der Sonne ausgedorrt und vertrocknet – dafür herrscht meist stabiles Wanderwetter.

Wanderschuhe vor Bergpanorama
Das stabilste Wanderwetter ist in Tuschetien im September

Wo kann ich übernachten und einkehren?

Übernachten

In Upper und Lower Omalo gibt es zahlreiche einfache Gästehäuser und private Unterkünfte, die Zimmer vermieten. Ein großes, komfortables Hotel ist im Bau, doch noch begrenzt sich das Angebot auf authentische Gästehäuser ohne unnötigen Luxus. In Diklo und Shenako werden ebenfalls Privatzimmer vermietet und auch in Verkhovani, Parsma, Tshesho, Dartlo und anderen Dörfern entlang der Wanderrouten kommt man unter. Bist du früh in der Saison unterwegs, solltest du dich aber erkundigen, ob die Gästehäuser in den kleinen Dörfern schon geöffnet sind.

Zelten in Tuschetien

Zelten ist in Georgien nicht verboten und es gibt viele traumhafte Plätze dafür. Nur in Omalo gibt es einen Zeltplatz im mehr oder weniger herkömmlichen Sinne, der WC und Dusche bietet.

Einkaufen und Einkehren

Es gibt keine Supermärkte in Tuschetien, Omalo ist auch der einzige Ort, in dem es einen Minimarkt gibt. Selbstverpfleger sollten daher ihr Essen besser mitbringen. Aber das ist eigentlich nicht nötig, denn in den Gästehäusern wirst du normalerweise immer sehr gut bekocht!
Restaurants im klassischen Sinne gibt es in Tuschetien nicht, aber in manchen Gästehäusern kann man einkehren, selbst wenn man kein Gast ist.

 

Frau beim Zubereiten eines Hühnchens
In den Gästehäusern wird lecker gekocht – alles kommt ganz frisch auf den Tisch

Wie ist das mit dem Geld?

Es gibt keinen Geldautomaten in Tuschetien, pack also genug Bargeld ein! Und das ganze in kleinen Scheinen (hört sich an, wie bei einem Banküberfall – aber nummeriert dürfen sie sein)

Brauche ich in Tuschetien ein GPS-Gerät oder einen Guide?

Zwar sind die Wanderwege in Tuschetien markiert und im Tusheti National Park Visitor Center gibt es Kartenmaterial zur groben Orientierung, trotzdem solltest du ein GPS-Gerät und eine gute Wanderkarte mitbringen, falls du ohne Guide gehen willst. Zu empfehlen sind die Wanderkarten von Geoland (in Tbilisi erhältlich, im Maßstab 1:50 000) und mein Wanderführer über Georgien, der nach langer Recherche, vielen vielen Wandertagen und noch mehr Tagen am Schreibtisch seit Juli 2018 erhältlich ist! Leider ist der Mehrtagestrek von Omalo über Verkhovani noch nicht im Buch, denn den habe ich unternommen, bevor ich wusste, dass ich den Wanderführer schreiben würde. Viele Infos zu Tuschetien bietet auch mein Reiseführer über Georgien.

Wegweiser in Tuschetien
Nicht immer ist der Weg so eindeutig markiert

Wanderungen und Pferdetrekking in Tuschetien

Wandern in Tuschetien ist ein Traum und es gibt viele spannende Routen, auf denen du zwischen zwei und fünf Tagen wandern kannst. Oder vielleicht gleich weiter nach Khevsuretien?
Gar nicht so übel und weitaus weniger anstrengend ist es, Tuschetien auf dem Pferderücken zu entdecken.

Tagesausflüge von Omalo

Wenn du nach Tuschetien fährst, dann am besten für eine Mehrtagestour. Denn es gibt nur wenige Optionen für Tageswanderungen. Eine nette Runde zum Aufwärmen vor einer Mehrtageswanderung ist der Ausflug zum Aussichtspunkt Que. Falls du mega fit bist, kannst du zum Oreti-See wandern – für Normalos aber eher eine 2-Tagestour. Über die Schotterpiste ist auch Shenako an einem Tag erreichbar – allerdings ist der Weg anstrengend und nicht so reizvoll. Wenn du eine sehr lange Tour nicht scheust, kannst du an einem Tag nach Dartlo und zurück wandern – oder dich eine Strecke vom Jeep fahren lassen.

Blumenwiese in Shenako
Pause mitten in Shenako

Mehrtageswanderungen

Der Ausflug nach Shenako lohnt sich vor allem dann, wenn du dort übernachtest und weiter bis ins idyllische Diklo wanderst. Eine sehr schöne 2-Tagestour, die zu Pferd auch an einem Tag unternommen werden kann.
Eine klasse 3-tägige Rundtour führt von Omalo über Verkhovani und und Chesho zurück zum Ausgangsort. Diese Wanderung kann auch auf eine 2-Tages-Tour gekürzt werden.
Ich habe gehört, dass auch die Rundtour über die weniger besuchten Dörfer Dochu und Gogrulta sehr schön sein soll.
Der Klassiker jedoch ist die 5-Tagestour ins benachbarte Khevsuretien von Omalo über Dartlo, Chesho und Parsma bis nach Shatili. Wer weniger Zeit hat, kann einen Ausflug nach Dartlo unternehmen und am nächsten Tag zurück wandern.

Bergdorf Dotchu
Bergdorf Dochu

Pferdetrekking

Reiten hat in Tuschetien Tradition, war das Pferd doch früher das wichtigste und oft einzige Transportmittel. Einen Ausritt solltest du nicht verpassen, dabei bietet sich die Tour nach Diklo und Shenako an, die man dann an einem Tag machen kann. Einfach im Dorf nach Pferden fragen.

Reiter kurz vor Shenako in Tuschetien
Auf dem Pferd durch Tuschetien

Zum Abschluss: Noch etwas zur Geschichte und Traditionen von Tuschetien

Schon seit der Bronzezeit siedelten Menschen in der Region Tuschetiens. Es war ein hartes Leben in dem Bergen mit kalten Wintern und in ständiger Furcht vor Angriffen der schon genannten kampflustigen Nachbarvölker. Dass die Tuschen deshalb zu herausragende Krieger wurden, verhalf ihnen indirekt zu fruchtbaren Weideland: Denn die kampferprobten Tuschen unterstützten stets die georgischen (bzw. kachetischen) Könige bei der Verteidigung der Nordgrenzen. Im 17. Jahrhundert bekamen sie dafür zum Dank Weideland in der kachetischen Talebene geschenkt. Seither treiben die meisten Tuschen ihr Vieh im Herbst ins Tal und verbringen den Winter dort, was um einiges angenehmer ist als in der klirrenden Kälte der Berge.

Kein Schweinefleisch in Tuschetien

Eine Besonderheit in Tuschetien ist, dass dort Schweineprodukte verboten sind. Denn die Tuschen sehen die Berge als ihre heilige Heimat an, die nicht durch als unrein geltende Schweineprodukte verunreinigt werden darf. Die Tuschen sind übrigens sehr pragmatisch: Im Tal kommt Schweinefleisch durchaus auf den Tisch.
Und trotz des teilweisen Verbots von Schweinefleisch: Die Tuschen sind orthodoxe Christen.

Die Feste der Atnigenoba

Allerdings vermischt sich der Glaube mit vielen alten Bräuchen, z.B. bei den Festen der „Atnigenoba“, die mit Pferderennen, Ringen, Geschicklichkeitsspielen und natürlich reichlich Essen und Bier im Sommer gefeiert werden. Tatsächlich wirst du in Tuschetien, ganz anders als in Swanetien, nur sehr wenige Kirchen sehen.
Wenn du dich für die Kultur der Tuschen interessierst, empfehle ich dir mit einem einheimischen Guide zu wandern (z.B. von der Parkinformation vermittelt) oder eine Reise mit Via Verde zu Buchen. Margarete Hartmannsberger hat längere Zeit in Tuschetien gelebt und kennt Tuschetien und seine Geschichte(n) ausgezeichnet.

Schilder in Tuschetien
Den heiligen Orten in Tuschetien dürfen sich Frauen nicht nähren

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Ich habe Tuschetien im September 2015 und im Juni 2017 besucht. Die Reisen habe ich selber organisiert und finanziert. Dieser Blogbeitrag wurde erstmals im September 2018 erstellt und zuletzt im Januar 2019 komplett überarbeitet und ergänzt.

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