Varanasi, das ist das richtige Indien! Du wirst es lieben oder du wirst es hassen:
Es ist heiß, laut, chaotisch, bunt und vollgestopft mit den unterschiedlichsten Gestalten.
So schwärmt eine vielgereiste Freundin mit entrücktem Blick von Varanasi, der heiligsten Stadt der Hindus in Nordindien. Und wenn dort jährlich mehr als 2.500 Hindus extra hin pilgern, lege ich natürlich auf meiner Reise von Agra nach Nepal mit meiner Freundin einen Zwischenstopp ein.
Ankunft in Varanasi:
„Eine beliebter Trick der Rikscha-Fahrer ist es, zu behaupten das Hotel wäre mittlerweile geschlossen oder abgebrannt“
Dann werden die leichtgläubigen Touristen in eine teurere Unterkunft gefahren und zahlen die Provision für den Rikscha-Fahrer noch mit, so warnt der Reiseführer.
Natürlich glauben wir dem Rikscha-Fahrer kein Wort, als er uns erzählt, dass unser Hostel in der Fußgänger Zone liegt und uns stattdessen in ein anderes Hotel bringen möchte. Wir sind zwar müde nach einer Nachtzugfahrt zwischen Pilgerfüßen und Kakerlaken von Agra nach Varanasi, aber darauf fallen nicht rein! Wir bestehen darauf, so nah wie möglich an das Hotel unser Wahl gebracht zu werden.
Unser Rikscha-Fahrer hat nicht gelogen, nach kurzer Fahrt erreichen wir einen Platz, hinter dem die Altstadt mit ihren Gewirr aus engen Gassen beginnt. Kein Durchkommen ist hier mit der Rikscha. Das letzte Stück bringt er uns zu Fuß zu unserem Hostel, das wir niemals allein gefunden hätten. Sie werden nie erwähnt in den Reiseführern, aber es gibt sie: Die netten, vertrauenswürdigen Rischa-Fahrer.
Genau aufpassen wohin man tritt in den Gassen von Varanasi: So sauber und leer ist es selten
Spaziergang durch Varanasi:
„Der Shitala-Tempel ist der Göttin der Pocken geweiht“
Varanasi stellt meine Ekelschwelle auf die Probe: In dem Gedränge der engen Gassen rempelt man Kühe, stolpert über Hunde und muss stets aufmerksam sein, nicht in ihre Hinterlassenschaften zu treten. Zu deren Düften mischt sich der Geruch von verbrannten Toten in die schwüle Luft.
Die Luftfeuchtigkeit und die Anzahl der Tempel und der Menschen erschlägt uns förmlich. Nur mühsam können wir uns aufraffen, die Stadt durch ihre, zu einem riesigen Labyrinth verworrenen schmalen Gassen, zu erkunden. Überall zwischen den alten Häusern, die sich dicht zusammendrängen und von denen die bunte Farbe abblättert, stehen Tempel. Hinter jeder Ecke gibt es etwas neues zu entdecken. Man taucht ein in eine fremde Welt, die bezaubernd und abstoßend zugleich ist.
„Der Shitala-Tempel ist der Göttin der Pocken geweiht. An Pocken Erkrankte beteten hier für Heilung“– Wir haben schon lange die Übersicht über die vielen Tempel verloren, aber wir sind uns einig, den Tempel der Pocken Göttin nicht zu besuchen. Solange sind die Pocken doch auch noch garnicht ausgerottet?!
Wir möchten auf dem Rückweg an den Ghats den Fluss entlang laufen, doch das Wasser ist zu hoch. Also müssen wir uns wieder ins Gewühl stürzen. Der Weg führt uns durch einen kleinen Tempel. Wir müssen die Schuhe ausziehen und laufen barfuß über die dreckigen, schlammigen Kacheln auf dem Boden.
Erst danach bemerken wir, dass wir aus dem Pockentempel kamen. Urgh. Natürlich wurde niemand krank. Dafür hat die Pocken-Göttin bestimmt gesorgt.
In Varanasi gibt es unzählige Tempel
Bootsfahrt auf dem Ganges:
„You can’t say your mother is dirty!“
Zum Sonnenuntergang machen wir, wie alle guten Touristen, eine Bootsfahrt auf dem Ganges. Das Wasser ist braun und der hellgraue Himmel spiegelt sich in ihm wider. Auf einem alten Holzboot werden wir in der ruhigen Abendstimmung von zwei Indern das Ufer entlang gerudert.
Überall an den Treppen, den Ghats, baden Menschen. Denn für strenggläubige Hindus gilt es als erstrebenswert, in Varanasi im Ganges zu baden. Früher bestimmt eine gute Idee. Doch ist es für strenggläubige Hindus auch erstrebenswert, in Varanasi verbrannt zu werden und die Asche in den Fluss zu streuen. Und da es auch Glück bringen soll, Kerzen oder sogar ganze Götterfiguren in den Fluss zu werfen, schwimmt so einiges im Ganges umher.
Meine Freundin hat geistesabwesend ihre Hand in das braune Wasser hängen lassen. Schnell trockenet sie sie sich wieder ab. Unser Kapitän ist empört, als er mitbekommt, dass sie das heilige Ganges Wasser als dreckig bezeichnet: „Du kannst nicht sagen, dass Ganges dreckig ist! Sie ist deine Mutter, du kannst doch nicht sagen, dass deine Mutter Ganges dreckig ist! Deine Mutter ist nicht dreckig!“
Doch, ist sie leider. Wir passen ab jetzt besser auf unsere Hände auf.
Das Wasser des Flusses ist so hoch, dass man nicht an den Treppen, den Ghats, am Fluss entlang gehen kann. Verirren in dem Gassengewirr ist angesagt
Darbhanga Palace in Munshi Ghat
Nicht nur die Asche von Toten, ganze Götterfiguren, wie hier der Elefantengott Ganesha, werden in den Ganges geworfen. Das bringt Glück
Kerzen die wir auf dem Ganges schwimmen lassen werden
Abends findet hier eine religiöse Zeremonie statt. Die besten Plätze für die Zuschauer sind auf den Booten vor dem Ufer
Viele Tempel, viele Götter, viele Arme …
Gläubige Hindus reinigen sich bei einem Bad im Ganges
Das heilige Bad kann mehr Spaß machen
Meine morgendlichen Yogaübungen … naja fast
Heilige Kuh beim Spaziergang auf dem Markt
Heilige Kuh beim Spaziergang am Ghat
Das Krematorium: Arme Hindus, die es sich nicht leisten können nach ihrem Tod in einer teuren Zeremonie auf besonderen Hölzern verbrannt zuwerden, werden dort eingeäschert
Vieles schwimmt und brennt im Ganges
Morgenstimmung über den Dächern von Varanasi
Varanasi ist distanzlos, vereinnahmt den Besucher mit seiner Flut von Sinnenseindrücken. Man taucht ein in eine andere Welt. Varanasi ist ein anstrengender, aufregender, spannender und Ort. Und eines ist klar: Ein Tag ist zu wenig.
Lies hier mehr von meinen Reisen, zum Beispiel meinem Besuch in Bukhara >
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