Wandern im Großen Kaukasus
Vielleicht dank Alexandre Dumas und Fritz Pleitgen, die über ihre Reisen Durch den Wilden Kaukasus schrieben, ist für mich der Kaukasus untrennbar mit dem Adjektiv „wild“ verbunden. Die kriegerischen Bergvölker waren schon zu Dumas Zeiten legendär. Und noch als Pleitgens in den 1990ern nach Georgien reiste, konnte er die damals gefährliche Region Swanetien nicht besuchen. Heutzutage ist die Lage zum Glück ruhig, sodass man das „wild“ vor allem auf die Natur beziehen kann.
Wilde Natur
Denn im großen Kaukasus gibt es sie noch: Die wilde, unberührte Natur. Das Gebirge hat eine vergleichbare Ausdehnung wie die Alpen, doch ragen Gipfel mit teilweise über 5.000 Meter um einiges höher in den Himmel.
Dem gegenüber ist die Bevölkerungszahl um einiges niedriger als im Alpenraum und die insgesamt schlecht entwickelte Infrastruktur nicht vergleichbar. So etwas wie Bergtourismus im größerem Stil beginnt sich erst seit den 2000ern zu entwickeln. Dabei sind die größten Touristenzentren Mestia in Swanetien und Stepantsminda in Kazbegi.
Schwierigkeiten beim Wandern
Für Wanderer heißt das vor allem: Wanderwege sind meist schlecht oder gar nicht ausgebaut, beziehungsweise werden nicht gewartet (eine Ausnahme ist der Lagodekhi-Nationalpark). Die einzelnen Wanderungen von Ort zu Ort überwinden oft lange Distanzen, sind dafür aber meist technisch nicht besonders anspruchsvoll. Denn es gibt bisher keine Drahtseilsicherungen oder Klettersteige. Außerdem darf man unterwegs keinen Hüttenzauber erwarten: Einkehrmöglichkeiten gibt es normalerweise nur in den Dörfern.
Mehrtagestouren im Großen Kaukasus
Bei Mehrtagestouren kann man vielerorts in den Dörfern übernachten. Z.B. beim Mestia-Usghuli-Trek oder beim Trekking von Omalo über Verkhovani. Berghütten wie in den Alpen sucht man in Georgien (bis auf die Ausnahme am Kazbek) vergeblich. Für Mehrtageswanderungen in der unbesiedelten, wilden Natur jenseits der Dörfer gehören Zelt und Trekkingausrüstung ins Gepäck.
Zu Gletschern und Wehrtürmen nach Swanetien
Bekannt für Wehrtürme und Gletscher
Swanetien ist eine gute Wandergegend für Mehrtagestrekking von Dorf zu Dorf
Die Anreise dauert lang (Mehr Infos dazu findest hier)
Swanetien ist ein absolutes Highlight und ein Paradies für Wanderer. Der Kaukasus bietet eine atemberaubende Gletscherkulisse für die archaisch anmutenden swanischen Bergdörfer mit ihren teilweise über 2000 Jahre alten Wehrtürmen. Dank der für georgische Verhältnisse vergleichbar guten touristischen Infrastruktur kannst du die Region trotz seiner Abgelegenheit relativ leicht erreichen und erkunden. Doch seit die Gegend kein Geheimtipp mehr ist, ist dementsprechend insbesondere in der Hauptsaison einiges los – vorab Zimmer reservieren empfehlenswert!
Besonders schön ist der der beliebte Mehrtagestrek von Mestia nach Ushguli, aber es gibt viele weitere Wandermöglichkeiten, die weniger stark begangen sind.
Über die Heerstraße nach Kazbegi
Weithin bekannt für Gergeti-Kirche und Kazbek mit Eiskappe
Kazbegi ist eine gute Wandergegend für alle, die wenig Zeit haben und viel sehen wollen
Die Anreise geht schnell, von Tbilisi nur 2 1/2 Stunden Autofahrt
Wenn du wenig Zeit hast, fährst du für ein einmaliges Bergerlebnis am besten über die geschichtsträchtige Heerstraße nach Stepantsminda in der Region Kazbegi. Schon die knapp 3-stündige Anfahrt ist ein Erlebnis für sich. Ungeschlagener Höhepunkt ist aber das Panorama über der Stepantsminda.
Dort thront die Gergeti-Wallfahrtskirche vor dem markanten Gipfel des Mount Kazbek. Die Wanderung zur Wallfahrtskirche ist sowohl für Georgier als auch Touristen ein Muss – bzw. für viele Faule ist es die Jeep-Fahrt nach oben.
Falls du sportlich bist, kannst du den Aufstieg zur beeindruckenden Gletscherzunge des Mount Kazbek wagen. Für Bergsteiger ist der Aufstieg zum Gipfel das Highlight. Aber auch für weniger ambitionierte gibt es viele Möglichkeiten die Gegend zu Fuß oder mit dem Mountainbike zu erkunden, zum Beispiel im malerischen Truso-Tal. Die Landschaft in Kazbegi besonders schroff und du findest dort viele geologische Besonderheiten wie bunt verfärbte Felsen, Basaltformationen und Mineralablagerungen.
Ans Ende der Welt nach Khevsuretien
Wenig bekannt, doch es gibt dort Wehrtürme und angeblich Kreuzritter
Khevsuretien ist eine gute Wandergegend für abenteuerlustige Trekker mit Zelt
Die Anreise ist schwierig und nur im Sommer möglich.
Nur im Sommer kannst du über eine abenteuerliche Schotterpiste diese entlegene Region am gefühlten Ende der Welt erreichen. Khevsuretien ist eine unwirtliche Bergregion, sie liegt am Nordhang des Großen Kaukasus und das Klima ist hier um einiges rauher als in den anderen georgischen Bergregionen.
Die Khevsuren sind in ganz Georgien für ihren Kampfgeist berühmt, khevsurische Krieger trugen noch bis ins 20. Jahrhundert Kettenhemden. Vielleicht deshalb, oder weil die Kreuzmotive auf ihren Trachten manch einen an die der Kreuzritter erinnern, hielt sich lange das Gerücht, die Khevsuren würden gar von Kreuzrittern abstammen (dieses Gerücht wurde allerdings mittlerweile widerlegt, doch die Herkunft der Khevsuren bleibt ungeklärt).
Das mystische Dorf Shatili ist die einzige noch bewohnte Ortschaft in Khevsuretien. Ein Besuch lohnt sich allemal und eine Tagestour zur verlassenen Bergfestung Mutso entlang einer Schotterpiste ist für jedermann machbar.
Möchtest du aber eine Mehrtageswanderung unternehmen, musst zu Zelt und Trekkingausrüstung einpacken. Besonders beliebt ist die Tour von zwischen Shatili und Omalo in Tuschetien.
Zu den Schafen von Tuschetien
Bekannt für Wehrtürme und Wollsocken
Tuschetien ist eine gute Wandergegend für Mehrtagestrekking von Dorf zu Dorf
Die Anreise ist nur von Juni bis Oktober möglich, ist lang und anstrengend
Wenn du es einsam magst, dann solltest du nach Tuschetien fahren, eine Region im Nordosten Georgiens. Die Hauptstadt Omalo ist nur im Sommer bewohnt und über eine abenteuerliche 4-stündige Fahrt mit dem Jeep über den 2.850 Meter hohen Abano-Pass zu erreichen. In Tuschetien hast du die Berge fast für dich allein, auch hier ist die Gastfreundschaft ungeschlagen und es lassen sich wunderbare Wanderungen unternehmen.
An Tuschetien überrascht, dass nach der steilen Anfahrt über dem Abano Pass eine sanft geschwungene Berglandschaft mit Hochweiden wartet, die von tiefen Tälern zerfurcht wird. Im Vergleich zu Swanetien gibt es nicht nur weniger Wehrtürme sondern vor allem weniger Schnee. Denn der Osten des Landes ist niederschlagsärmer. Gletscher wirst du daher in Tuschetien nicht finden. Dafür sind die Bergweiden oft von den grasenden tuschetischen Schafen weiß gefleckt.
In Tuschetien kannst du sehr gut von Dorf zu Dorf wandern, zum Beispiel beim Mehrtagestrek von Omalo über Verkhovani. Es gibt auch schöne Möglichkeiten für Zelttrekking.
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Unterwegs im grünen Lagodekhi-Nationalpark
Bekannt als ältester Nationalpark Georgiens mit unberührten Urwald
Eine gute Wandergegend für alle die es grün lieben
Die Anreise von Tbilisi nach Lagodekhi ist unkompliziert und dauert ca. 2 1/2 Autostunden
Der Lagodekhi-Nationalpark stellt einige Rekorde auf: Er wurde 1912 gegründet und ist somit der älteste Nationalpark des Landes. Hier findest du unberührten Primärwald, der vielen Tieren Lebensraum biete und sogar zu einem von 34 Biodiversiäts Hotspots weltweit zählt.
Bei zwei einer Tageswanderungen kannst du das grüne Dickicht des Urwalds bewundern, wenn du genug Ausdauer mitbringst kannst du während einer 3-tägigen Wanderung bis über die Baumgrenze aufsteigen und die Aussicht über den Black-Rock-Lake bis nach Russland und Aserbaidschan bewundern.
Infos zu den Wanderungen im Nationalpark findest du hier.
Wandern im Kleiner Kaukasus
Knapp über 3000 Meter erheben sich die höchsten Berge des Kleinen Kaukasus in Georgien: Die erloschenen Vulkane Mount Shavi und der Didi Abuli. Der Kleiner Kaukasus ist weniger schroff und zerklüftet als der Große Kaukasus und wird im Süden des Landes vom Plateau von Tsalka und dem Javakheti-Plateau bestimmt. Während diese kargen Hochebenen von alten Vulkankegeln durchsetzt ein mystisches Bild abgeben, sind die westlichen und nördlichen Ausläufer des Kleinen Kaukasus vom üppigen Wäldern bedeckt.
In den Nationalparks von Borjomi-Kharagauli, Mtirala und Kintrishi sind die Wege gut gepflegt und markiert. Übernachten kannst du dort in unbewirtschafteten Hütten oder im eigenen Zelt. Das Javakheti-Plateau ist dagegen noch wenig erschlossen – GPS und Karten gehören ins Gepäck!
Durch den Borjomi-Kharagauli-Nationalpark
Bekannt als größter Nationalpark mit dichten, grünen Wäldern
Eine gute Wandergegend für unberührte Natur lieben
Die Anreise von Tbilisi nach Borjomi ist unkompliziert und dauert ca. 2 1/2 Autostunden
Bin ich denn hier im Schwarzwald gelandet? Eine nahe liegende Frage, während man auf einer Tagestour durch die dichten Nadel- und weiter oben Mischlaubwälder wandert. Denn die erinnern stark an die süddeutsche Heimat. Dafür hätte man nun wirklich nicht so weit fahren brauchen … Doch das besonderer am Borjomi-Kharagauli-Nationalpark ist, dass es dort bis auf einige wenige Schäferhütten keine Siedlungen gibt und du bis zu 5 Tage durch unberührte Natur wandern kannst. Der Wald im Nationalpark gilt als größtes zusammenhängendes unberührtes Waldstück Europas. Gehst du in der Nebensaison Mitte Mai oder Ende September los, kann es gut sein, dass du keine Menschenseele treffen wirst.
Planst du eine Wanderung im Nationalpark, solltest du also wenigstens eine 2-Tagestour unternehmen. Denn erst nach einem langen, anstrengendem Aufstieg durch die Wälder wirst du mit grandiosen Ausblicken bis zum Großen Kaukasus belohnt. Da es keine Dörfer gibt musst du natürlich Verpflegung einpacken. Übernachten kannst du in einer der unbewirtschafteten Hütten (in denen es nur Holzpritschen gibt, Schlafsack und Isomatte musst du selbst mitbringen) oder in deinem eigenen Zelt.
Hier findest du Infos zu den Wanderungen und dem Borjomi-Kharaguli-Nationalpark.
Auf das surreale Javakheti-Plateau
Könnte bekannt sein für zyklopische Festungen auf erloschenen Vulkankegeln
Eine gute Wandergegend für alle die gern abseits der Touristenrouten unterwegs sind
Die Anreise von Tbilisi nach Ninotsminda dauert ca. 3 Stunden, doch Marschrutki fahren selten.
Es ist eine meiner Lieblingsgegenden in ganz Georgien: Das Hochplateau von Javakhetien, dessen Kulisse die markanten Kegel erloschener Vulkane hinter dem Paravani-See bilden. Bisher verirren sich nicht viele Touristen hierher, denn es gibt nur wenige Wanderwege, die kaum bekannt sind.
Heutzutage ist die unwirtliche Region nur sehr dünn besiedelt. Doch schon vor Jahrtausenden lebten hier Menschen entlang der alten Handelsroute der Seidenstraße. Daran erinnern unter anderem Felszeichnungen und die Ruinen alter Trockenmauerfestungen auf den Gipfeln der Vulkane. Wenn das man keine Motivation zur Besteigung bringt!
Mehr Infos über Javakhetien findest du hier.
Subtropische Wälder im Adscharischen Hinterland
Könnte bekannt sein für den Heulsusen-Naturpark
Eine gute Wandergegend für alle denen es nichts ausmacht, nass zu werden
Die Anreise von Batumi dauert weniger als 2 Stunden mit dem Auto.
Wenn du hier wandern möchtest, solltest du nicht aus Zucker sein. Den der Name des Mtirala-Nationalpark nahe der Schwarzmeerküste im Westen Georgiens bedeutet nicht umsonst „Heulsusen“-Nationalpark. Hier befand sich der regenreichste Ort der gesamten Sowjetunion. Die Ausläufer des Kleinen Kaukasus sind dementsprechend mit saftig-grünem, dschungelartigen Wald bedeckt. Keine der Wanderungen im Mtirala-Nationlpark führt allerdings über die Baumgrenze. Bei der 2-Tagestour zum Tbikeli-See im etwas nördlich gelegenen Kintrishi-Reserve kannst du die weitesten Ausblicke genießen.
Praktische Tipps zum Wandern in Georgien
• Wandere nie ohne zuverlässiges Kartenmaterial und GPS-Gerät oder ortskundigem Guide los– es ist nicht immer Sonnenschein und bei Nebel kann man sich richtig fies verlaufen
• Plane immer ausreichend Zeit ein, damit du einen Puffer hast und nicht ins Dunkle kommst, falls du dich doch mal verläufst oder auf unvorhergesehene Hindernisse triffst
• Sonnenschutz und Regenkleidung gehören zu jeder Jahreszeit ins Gepäck
• Im Frühjahr oder Herbst kommt es in den höheren Lagen oft zu Schneefall, Gamaschen sind hilfreich
• In den meisten Dörfern gibt es zwar Brunnen und auf vielen Wanderungen Quellen – wenn du dich darauf verlassen möchtest, solltest du dich vorab bei Einheimischen absichern, wo genau es Trinkwasser gibt. Ich packe meinen Tagesbedarf aber lieber selbst ein.
• Proviant nicht vergessen
• Vorsicht vor den Kaukasischen Hirtenhunden, am besten gar nicht erst zu nahe kommen!
• Zum Wandern in Swanetien findest du hier konkrete Infos.
Webseiten- und Buchempfehlungen
Der englischsprachige Blog von Jozef ist vor allem für abenteuerlustige Trekker Gold wert: www.caucasus-trekking.com
Die Website www.transcaucasiantrail.org bietet Infos und Karten über den Fernwanderweg, der gerade in Swanetien angelegt wird.
In meinem Wanderführer Georgien auf Deutsch stelle ich die schönsten Wanderungen aus Swanetien, Kazbegi, Tuschetien und dem Borjomi-Kharagauli-Nationalpark vor.
Und ich muss gleich nochmal Werbung in eigener Sache machen: Alles was du sonst noch wissen musst, wenn du in Georgien unterwegs bist, findest du im Stefan Loose Reiseführer Georgien
Lies hier mehr über Georgien:
Meine Reisetipps für Georgien
Trekking in Tuschetien
Wandern in Swanetien
Alle wollen nach Mestia
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Diesen Beitrag habe ich im Januar 2019 verfasst. Er wurde in keiner Weise gesponsert.
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Hallo, wir sind gerade in Georgien und sehr begeistert nicht nur von deinem Wanderführer, sondern auch von deinem genial recherchierten Reiseführer! Eine Frage habe ich zum Wandern in Javakhetien: gibt es irgendwo GPS Treks zum Runterladen in dieser Region? Explizit die Wanderung um den Madatapa Lake und den Mount Madapata? Oder geht es auch ohne? Vielen lieben Dank, Fine
Hallo Fine, ich habe leider keine gpx-Tracks für diese Wanderungen, vielleicht kann dir die Tourist Administration des Javakheti-Nationalparks weiterhelfen. Eine Karte der Route findest du im Javakheti Travelguide.
Ich würde mich freuen, wenn du mir von der Wanderung berichtest!